Forscher des amerikanischen Nationalen Institutes für Umwelt und Gesundheitswissenschaften (National Institute of Environmental Health Sciences) in North Carolina haben jetzt neue Risiken in der braunen Lebensmittelfarbe entdeckt. Bei den Tests litten die Versuchstiere durch den Farbstoff verstärkt an Lungenkrebs, Leukämie sowie Tumoren an Leber und Schilddrüse.
Der Farbstoff Zuckerkulör (E150d) wird in Coca-Cola eingesetzt, aber auch in anderen braunen Brausen, sogar dem Kindertrank Capri Sonne Cola Mix, Schweppes Ginger Ale, Energy Drinks, aber auch in Diät-Getränken wie etwa Aktiv Apfel von Christinen Brunnen. Bei Süßwaren ist der Farbstoff besonders weit verbreitet: Er färbt Nestlés Kit Kat Senses und das Nestlé Schöller Wassereis Typ Beach Cola, Wrigleys Kaugummi Airwaves active mit Koffein und Guarana, die Chupa Chups Bubble Lutscher sowie zahlreiche Weingummis, Schaumzucker und anderes Süßzeug.
E150d verleiht dem trendigen Balsamico Essig einen dunklen Farbton, der hohe Qualität vorgaukeln soll: Knorr nimmt es für seinen Professional Vinaigrette Balsamico und Thomy färbt damit sein Dressing Olive Balsamico. Auch die Essighersteller Kühne und Hengstenberg werten damit ihren Balsamico auf, künstlich gebräunt ist auch die Hausmarke von Edeka. Selbst Maggis Asia Nudel Snack „Kari-Curry“ enthält das künstliche Braun.
Lange galt der Farbstoff mit dem unschuldig klingenden Namen als gesundheitlich unbedenklich. Doch was nach Karamellen klingt, ist pure Chemie: Der sogenannte Ammoniumsulfit-Zuckerkulör wird gebildet durch das Mischen von Zucker, Ammoniak und Sulfiten unter großem Druck und bei hohen Temperaturen. Die korrektere Bezeichnung würde also lauten: „Chemisches Braun, mit Schwefeltechnologie hergestellt“.
Verantwortlich für die krebserregende Wirkung sind nach Erkenntnissen des US-Regierungsinstitutes Abbauprodukte, die nach der Aufnahme im Körper entstehen. Die betreffenden Substanzen mit den Kürzeln 2-MI und 4-MI sind unter Chemikern als „2-Methylimidazol“ und “4-Methylimidazol“ bekannt.
Der US-Bundesstaat Kalifornien plant schon Warnhinweise ab kommendem Jahr. Die Gesundheitsbehörden dort haben den Farbstoff bereits auf ihre Liste der „bewiesenermaßen krebserrgenden Stoffe“ gesetzt. Damit wären Cola und Pepsi ab 2012 auf dem Etikett deutlich als „krebserregend“ zu kennzeichnen.
Die kalifornische Regierung hat festgelegt, dass die Bürger des Bundesstaates pro Tag nicht mehr als 16 Mikrogramm des 4-MI pro verzehrtes Produkt aufnehmen sollten. Darüber steige das Krebsrisiko. Schon in einer üblichen Halbliterflasche amerikanischer Cola befinden sich aber bis zu 200 Mikrogramm.
Für das amerikanische Verbraucherinstitut Center for Science in the Public Interest (CSPI) in der US-Hauptstadt Washington geht das nicht weit genug: Sie fordert ein Verbot. “Krebserregende Farbstoffe haben keine Berechtigung in der Nahrungskette, besonders wenn man bedenkt, dass diese eine rein kosmetische Funktion haben,“ kommentiert Michael F. Jacobson, Executive Chef der Organisation. Er fordert, „die FDA sollte schnell handeln, um ihre Zulassung der mit Ammoniak hergestellten Karamellfarbstoffe zu widerrufen.“
Das genaue Ausmaß der Belastung ist nicht bekannt, eine bedeutende Quelle sind nach Schätzungen Colagetränke: Immerhin trinken Deutsche jährlich 40 Liter Coca-Cola. Nach Einschätzung der EFSA wird europaweit der größte Teil des E150d s über nichtalkoholische Getränke aufgenommen.
Der Coca-Cola-Konzern hält seine Brause weiterhin für unbedenklich: "Unsere Getränke sind sicher", so die Berliner Deutschland-Zentrale auf Anfrage von DR. WATSON. Über die Menge des krebsverdächtigen Farbstoffs in Coca-Cola mochte die Firma keine Angaben machen: "Die Grundinhaltsstoffe von Coca-Cola sind allesamt bekannt, aber die Coca-Cola Formel ist geheim." Im übrigen verwies die Company auf eine entlastende Stellungnahme der europäischen Lebensmittelbehörde Efsa im italienischen Parma.
Diese hatte in diesem Frühjahr entschieden, dass die Zuckerkulöre generell als sicher zu betrachten sind - obwohl nach Efsa-Erkenntnissen die Aufnahmemengen zumindest bei manchen Kindern weit über den kritischen Limits liegen.
In ihrem Zuckerkulör-Statement vom 8. März 2011 weist die europäische Behörde für Lebensmittelsicherheit auf den europäischen Grenzwert für die Gesamtaufnahme an Zuckerkulören hin, der bei 300 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht täglich liegt - und von manchen Kindern um mehr als das Vierfache überschritten wird. Die Spannbreite der Aufnahme reiche unter den Kindern von 130 bis 1480 Milligramm pro Kilogramm Körpergewicht und Tag.
Nach den kalifornischen Maßstäben wären mithin hierzulande ebenfalls Warnhinweise auf zuckerkulörhaltigen Produkten angezeigt.