„Für einen leistungssteigernden Effekt durch Nährstoffpillen fehlen die wissenschaftlichen Beweise“, sagte Fifa-Chefarzt Jiri Dvorak in einem Interview auf der offiziellen Fifa-Webseite. Der Professor und Facharzt für Neurologie, Neurophysiologie und manuelle Medizin an der Schulthess Klinik im schweizerischen Zürich sieht ein deutliches, wissenschaftlich belegtes Risiko etwa durch Verunreinigungen in den Pillen.
Die Supplemente seien nicht ausreichend von den Behörden kontrolliert, so Dvorak. Das trifft zumindest für die USA zu. Seiner Meinung nach seien viele Nährstoff-Supplemente mit Steroiden und anderen Substanzen belastet. Konsequenz: Der Fußball-Weltverband warnt die Spieler dringend, keine Supplemente einzunehmen.
Der Fußballarzt und Nervenspezialist kritisiert die Hersteller von Nährstoffpillen und ihre Marketingversprechen. Gerade Jugendliche seien für solche Botschaften besonders empfänglich: Mit dem Glauben an eine Leistungssteigerung nähmen etwa 60 Prozent der unter 16jährigen Sportler in den USA täglich Nahrungsergänzungsmittel ein, unterstützt Dvorak seine Bedenken.
Und dabei sind Nahrungsergänzungsmittel bewiesenermaßen unnötig. „Wissenschaftler und Ernährungsspezialisten sind sich einig“, so der Fußball-Mediziner, dass „eine ausgewogene Ernährung den Körper mit einer angemessenen Menge an Nährstoffen für seine Leistung versorgt.“
Nicht nur aufgrund von Verunreinigungen können Nahrungs-Ergänzungsmittel schädlich sein, auch die ursprünglich gesunden Nährstoffe selbst scheinen, in konzentrierter Form und außerhalb des komplexen Gefüges der Lebensmittel, abträglich zu wirken. Darauf weisen inzwischen Forscher aus aller Welt in vielen Studien hin.
Vitamin D ist derzeit wohl der umstrittenste Stoff in der Diskussion um die Supplemente. Zuletzt hatte eine Studie der Universität von Kopenhagen ergeben, dass künstliches Vitamin D sogar zu vorzeitigem Ableben führen könne.
Forscher der Cleveland Clinic im US-Bundesstaat Ohio hatten 2011 in ihrer wissenschaftlichen Untersuchung festgestellt, dass zuviel Vitamin E das Risiko für Prostatakrebs erhöht. Der Verband der deutschen Hormonwissenschaftler (Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie) warnt daher vor unkontrollierter Verabreichung.
Calcium in Pillen und Pulvern könnte der Herzgesundheit schaden, warnen deutsche und Schweizer Epidemiologen und Mediziner um Jakob Linseisen vom Deutschen Krebsforschungszentrum in ihrem im Mai 2012 veröffentlichten Artikel. Basis für diese Beobachtung sind Daten der Heidelberger Langzeit-Kohortenstudie EPIC (European Prospective Investigation into Cancer and Nutrition). Wer Calcium einnimmt, steigert demzufolge sein Risiko für einen Herzinfarkt um 86 Prozent.
Wer keinen nachgewiesenen Mangel an Selen hat, schadet sich mit einer Extraportion, so eine im renommierten Medizinerjournal „The Lancet“ zu Beginn diesen Jahres veröffentlichten im März 2012 veröffentlichten Studie. Zuviel des Spurenelementes kann sogar zu Diabetes Typ II führen.
Mehr zu Vitaminen, Mineralstoffen, ihren Risiken und Nebenwirkungen:
Hans-Ulrich Grimm
Vom Verzehr wird abgeraten.
Wie uns die Industrie mit Gesundheitsnahrung krank macht
Droemer Verlag
320 Seiten Klappenbroschur € 18,00
ISBN 3-426-27556-2
ISBN 978-3-426-27556-6
Ein interaktives Lexikon zu den Wirkungen von sogenannten Gesundheitsstoffen findet sich hier.