Das Blatt berichtete gestern über neueste Erkenntnisse amerikanischer Wissenschaftler, denen zufolge durch ein Überangebot an Süßzeug das Appetitzentrum im Gehirn aus der Balance gerät. Das dortige Immunsystem werde durch zu viel Zucker ("Glukose") in Gang gesetzt - mit verhängnisvollen Folgen, erklärt die FAZ: „Weil das Immunsystem ständig in Alarm versetzt wird, kommt es zu einer chronischen Entzündung im Appetitzentrum, was Konsequenzen für das Sättigungsgefühl und die Insulinwirkung hat.“
Der Körper hält also offenbar allzuviel Bonbons, Softdrinks, Schokoriegel für eine Bedrohung der Gesundheit. Nicht ganz zu Unrecht, nach allem, was man weiß. Das Gehirn setzt folgerichtig seine Abwehrmechanismen in Gang. Eigentlich ganz vernünftig.
Die FAZ tadelt allerdings das Gehirn für diese Reaktion, weil sie leider zu den leidigen Speckröllchen führt: „Fettsucht könnte demnach das Resultat einer fehlenden Anpassung des Gehirns an die veränderten Lebensumstände des modernen Menschen sein.“
Dummes Gehirn! Will sich nicht anpassen an die moderne Welt!
Man könnte aus den neuen Erkenntnissen natürlich auch schließen, dass das moderne Nahrungsangebot für den Menschen ungeeignet ist. Dass es nicht sinnvoll ist, schon die kleinen Kinder mit Süßigkeiten zu überzuckern, an den S-Bahnhöfen Automaten mit Bonbons, Soft-Drinks, Schokoriegeln aufzustellen, das Angebot an Süßem immer weiter auszudehnen. Den Zuckeranbau staatlich zu fördern oder auch den Mais, aus dem die Industrie die Rohstoffe für Süßzeug gewinnt.
Es hilft nichts, das Gehirn zu tadeln. Oder womöglich mit Medikamenten das sehr vernünftige Gehirn auszutricken, damit es für die moderne Nahrung passend gemacht werden.
Es wäre an der Zeit, den Menschen wieder artgerechte Nahrung vorzusetzen. Dann klappt es auch wieder mit der Appetitsteuerung, und die schlanke Linie kommt von allein. Ganz ohne Pillen und Diäten.
Mehr über die moderne Nahrung, die Steuerung des Appetits im Gehirn und mögliche Auswege aus der Diätfalle: Hans-Ulrich Grimm: Die Kalorienlüge.