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DR. WATSON Kommentar:
Kein Witz: Ärzte planen Schmutz-Impfung gegen Allergien
Bizarre Pläne: Bakterien fürs Baby
Von Hans-Ulrich Grimm
Da geben sich Babynahrungshersteller wie Hipp die größte Mühe mit der Hygiene, damit das Kind nur ja kein Schmutzkörnchen schluckt. Und jetzt starten Professoren eine große Kampagne für eine neue Form der Impfung, die Schmutz-Impfung. Ein „Dreck-Extrakt“ mit Bakterien soll Babys vor Allergien schützen. Darunter: der Erreger der Hirnhautentzündung.
„Wir haben Dreck im Stall abgekratzt und daraus Extrakt gewonnen“, berichtete Erika von Mutius vom Haunerschen Kinderspital der Ludwig-Maximilians-Universität München bei der Vorstellung der Schmutz-Kampagne diese Woche in Berlin.

Sie arbeitet, wie auch Forscherkollegen aus Österreich und der Schweiz, seit Jahren an Studien, die in immer neuen Aspekten die Erkenntnis variieren, dass jene Kinder, die auf Bauernhöfen aufwachsen, im Stall spielen und auch noch Rohmilch trinken, seltener an Allergien leiden, vor allem im Vergleich zu Stadtkindern.

Die Allergien haben sich zu einer wahren Volksseuche entwickelt. Ein Viertel der Deutschen leiden nach Forscherangaben schon an Asthma, Heuschnupfen, Neurodermitis und dergleichen. Das Immunsystem gerät aus dem Gleichgewicht, richtet sich gegen den eigenen Körper. Auch bei der Multiplen Sklerose, bei entzündlichen Darmerkrankungen, Diabetes Typ 1 und Alzheimer sehen Experten Zusammenhänge mit dem Immunsystem.

Als Ursache gilt gemeinhin der Klimawandel, die wachsende Aggressivität der Pollen, die Schadstoffbelastung der Luft.

Die Untersuchungsreihe der Wissenschaftler liefert, direkt ab Bauernhof, höchst bedenkenswerte Erkenntnisse über die Schattenseiten des Hygienewahns in unserer Gesellschaft. Die Schlussfolgerung ist indessen wahrlich bizarr. Die Ärzte kritisieren nicht den Hygienewahn, sondern propagieren eine pharmazeutische Lösung, die neue Risiken herausbeschwört: die Impfung mit Bakterien.

Die Bauerskinder und die Stadtkinder: Zwei extreme Formen des Aufwachsens im 21. Jahrhundert. Die einen schmuddeln noch schön im Stall, trinken sogar die kuhwarme Milch. Eine naturnahe Welt. Die anderen leben in einer hygienischen Parallelwelt, sie schlucken Pulvermilch etwa von Milupa und Alete. Und sterilen Gemüsebrei von Alete und Hipp. Brei vom Reinsten: Herr Hipp, der nette Firmenchef mit dem großväterlichen Habitus, rät ja in der Werbung auch strengstens vom Selberkochen ab, wegen möglicher Schadstoffe.

Und jetzt wäre ein bisschen Schmutz womöglich gar nicht schädlich, sondern sogar gut fürs Baby?

Die Impfung soll jedenfalls, künstlich, ein paar Feinde in den kindlichen Körper einführen: „Wir gehen heute davon aus, dass das lernfähige Immunsystem der Kinder früh herausgefordert werden muss, damit es eine gesunde Balance zwischen Toleranz und Abwehr lernt“, sagt Kinderärztin von Mutius.

Da hat sie ohne Zweifel recht. Die Bauerskinder sind offenbar besser immunisiert, weil sie ein bisschen natürlichen Schmutz schlucken. Das Immunsystem sitzt schließlich großteils im Verdauungstrakt.

Die Mediziner denken aber gar nicht an Natur Sie bevorzugen die Segnungen der pharmazeutischen Industrie. So sind sie auf die Idee mit der Impfung verfallen, auf den Dreck-Extrakt mit zwei Arten von Bakterien: Lactococcus lactis, einem eher harmlosen Käsebakterium, und Acinetobacter lwofii, einem potentiell gefährlichen Krankheitserreger, der zu Hirnhautentzündung (Meningitis) führen kann und zu Endokarditis, einer Entzündung der Herzinnenhaut, und mithin zu Herzklappenfehlern.

Die Dosierung des Impfstoffes wird angesichts dessen zu einer schönen Herausforderung.

Vielleicht könnte auch Herr Hipp künftig ein paar Bakterien fürs Baby in den Brei füllen. Das geht indessen leider nicht: Die Gläschen müssen ja im Supermarkt praktisch ewig halten, und da würden sich die Bakterien unkontrolliert ausbreiten.

Statt einer Impfung mit dem Erreger der Hirnhautentzündung könnte man den Kleinen einfach einen selbstgemachten Brei geben. Bananen, Karotten, Äpfel statt einer Schmutz-Impfung mit gefährlichen Bazillen.

Mehr Natur wäre besser fürs Baby. Und so einfach.
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