„Eine Kuh macht Muh, viele Kühe machen Mühe“ - was Volkes Stimme im ländlichen Raum schon lange weiß, gilt offenbar auch fürs Klima. Die Emissionen der Rindviecher waren jahrhundertelang unschädlich für unseren Planeten - aber die wachsende Zahl der Lieferanten von Hamburger, Beefsteak, Milch und Käse führt zu einer ernstzunehmenden Belastung, mit prominenten Klimaschädlingen wie Industrie und Autoverkehr durchaus vergleichbar.
Die Nahrung als Beitrag zur Erderwärmung gerät zunehmend ins Blickfeld. Die Verbraucherorganisation Foodwatch hatte in einer Studie nachgewiesen, dass allein die Umstellung auf Bio-Produkte das Klima nicht wesentlich schont. Eine andere Untersuchung wies jüngst nach, dass Dicke das Klima mehr belasten als Schlanke.
Jetzt geht es gegen die Konsumenten von Milch, Käse, Hamburgern. Die Konsumenten können in diesem Fall den Anstieg der Erderwärmung recht leicht bremsen: Schon ein Tag in der Woche ohne Rindfleisch und Milchprodukte wie Butter, Käse, Joghurt, würde den Ausstoß klimaschädlicher Gase wirksamer reduzieren als der Verzehr regionaler Nahrungsmittel. So das Forscherteam um Christoph Weber, Assistenz Professor für Umwelttechnologie in Pittsburgh.
Nach seinen Berechnungen würde selbst der konsequente Wechsel zu lokalen Lebensmitteln die jährliche Treibhausemission etwa so stark senken, als ob man 1600 Auto-Kilometer einspare. Wer aber nur einen Tag pro Woche ohne Kuhprodukte lebt, reduziert den Treibhauseffekt sogar um das Äquivalent von 1860 Kilometern.
Schuld ist natürlich nicht die Kuh an sich, sondern ihre massenhafte Anwesenheit auf unserem Planeten. Die Agrarindustrie hat das Hornvieh, das früher von Gras lebte, an den Verzehr von Kraftfutter und mithin Getreide gewöhnt. Die Politiker in Amerika und Europa haben den hierfür nötigen Mais über Jahrzehnte kräftig subventioiniert.
Die Folge: Die Kuh-Produkte wurden künstlich verbilligt. Milch, Joghurt. Käse, Rindersteaks, Hamburger sind zum Schleuderpreis zu haben. Die Rindviecher leben von artwidrigem Futter, stehen sich im Stall die Hufe in den Leib - und verpesten das Klima mit ihren „Rinderfürzen“ (Der Spiegel). Insgesamt stoßen Rinder allein in Deutschland jährlich 500000 Tonnen Methan aus, bis zu 250 Liter pro Tag und pro Rind.
Als verantwortlich gilt der komplexe Verdauungstrakt des Rindviehs. Im Pansen, dem ersten der insgesamt vier Kuhmägen, leben bis zu sieben Kilogramm Mikroorganismen, die die Nahrung aufspalten - Bakterien, Hefen, Pilze und andere Einzeller. Diese produzieren unter anderem Methangas und das entlässt die Kuh durch Maul und Hintern dann in die Atmosphäre. Methan hat im Vergleich zu Kohlendioxid eine 23 mal stärkere Treibhauswirkung.
Wissenschaftler in aller Welt versuchen, durch Bakterien-Impfungen oder spezielles Futter, das Kuhmethan zu reduzieren. Agrarwissenschaftler Winfried Drochner entwickelt an der Universität in Stuttgart-Hohenheim hat sogar eine Anti-Methan-Pille entwickelt, faustgroß, die das Wachstum bestimmter Einzeller im Pansen und damit die Gaspoduktion hemmen kann.
Sinnvoller wäre in der Tat, die Zahl der Kühe zu verringern. Schließlich
herrscht in Deutschland eine Überproduktion an Milch. In deutschen Ställen leben etwa 4 Millionen Kühe, viel zu viele, als dass sie ihre Bauern noch ernähren könnten.
Eine simple Lösung fand Schweden. Dort gilt seit 1988 ein Gesetz, das jeder Kuh das Recht auf Weide zusichert: die „Lex Lindgren“, benannt nach der Kinderbuchautorin Astrid Lindgren. Sie schickte die Kühe nicht nur im Kinderbuch („Meine Kuh will auch Spaß haben“) auf die Weide, sondern engagierte sich auch für den Tierschutz in der wirklichen Welt.
Solch eine Maßnahme macht auch die Milch gesünder. Laut einer Studie der Umweltschutzorganisation Greenpeace sorgt der Weidegang für gesündere Fette in der Milch, insbesondere die sogenannten Omega-3-Fette, die wichtig sind für Herz und Psyche, und die CLA-Fette, die beim Abnehmen helfen sollen.
Fürs Klima ist es natürlich am besten, wenn die Leute sowohl weniger Kuhprodukte konsumieren als auch mehr Regionales. Das vergaßen die Wissenschaftler aus Pittsburgh zu sagen.