„Niedrigtemperaturgegart“ heißt der kulinarische Trend und dem sollen nun auch die Fleischaromen aus dem neuen Produktportfolio Beef Flavor Collection des global operierenden Geschmackkonzerns Symrise aus dem heimischen Holzminden folgen.
Der Verbraucher muss davon nicht unbedingt erfahren. In welchen Produkten die neuen Aroma-Kunstwerke vorkommen, wollte die Firma gegenüber DR. WATSON nicht sagen: Die Firma bittet um „Verständnis, dass wir die Namen unserer Kunden nicht nennen können, die diese Aromen einsetzen.” Symrise behandelt seine Abnehmer aus der Nahrungsindustrie mit großer Diskretion: “Wir arbeiten mit unseren Kunden eng und vertrauensvoll zusammen. Dazu gehört auch, dass wir Kundendaten vertraulich behandeln.”
Die Verbraucher sollen am besten gar nicht merken, dass die Kunst der Chemiker im Spiel ist. Es soll einfach schmecken wie echte Kochkunst. Die besondere Qualität der langsamen Garweise soll durch eine maßgeschneiderte Aromenkombination in aller Natürlichkeit nachgebildet werden. Das Aroma von „langsam Geschmortem“ wird damit für Fast Food und Fertiggerichte erschlossen, etwa für Bratensaucen, Fertiggerichte, Tütensuppen aber auch Tofuschnitzel oder anderen Fleischersatz.
Die Geschmackskünstler von Symrise forschen nach pflanzlichen Quellen für jene Substanzen, die Fleischprodukte wie sorgfältig zubereitetes Fleisch schmecken lassen.
„Unser Ziel ist es stets natürliche und deklarationsfreundliche Aromen zu entwickeln, die möglichst nah am kulinarischen Vorbild sind,“ erklärt der Symrise-Manager Gerhard Krammer. Heute brät ein Küchenchef sein Fleisch nicht mehr so scharf an, sondern nur sanft und lässt es dann gemächlich garen.
Den kulinarischen Trends der echten Köche folgend konzipieren die Aromenhersteller in den letzten Jahren spezifische Fleischaromen, die den Geschmack verschiedener Fleischteile sowie unterschiedlicher Zubereitungsweisen authentisch nachstellen. So würden etwa Symrises neue Retortengeschmäcker aus der "Beef Flavor Collection" dem Gourmet Gaumen heutiger Konsumenten überzeugender als bisher eine hohe Qualität des Fleischgerichtes vortäuschen.
Bei der möglichst exakten Nachbildung der Natur hilft ein hauseigenes Analysewerkzeug namens SymStixx™. Zeitsparend und kosteneffizient können mit diesem millimeterdünnen Stäbchen komplexe Geschmacksprofile echten Essens analysiert werden. Mit einem Arsenal an Lösungsmitteln und chromatographischen Systemen lüften die Symrise-Techniker die Geschmacksgeheimnisse und bauen sie anschließend mit Hilfe der hauseigenen Datenbank von Aromakomponenten nach.
Das hat natürlich mehr mit Labor und Chemie als mit haute cuisine zu tun. Aber den Nutzen dieser Aromaforschung würde der Verbraucher dann, so verspricht es Krammer „in Imbissen, Bistros, Restaurants, aber auch am heimischen Esstisch schmecken“.
Schwierig ist es nach Angaben der Geschmackswerker, dabei nur als natürlich deklarierbare Ausgangsstoffe zu verwenden. „Jede Geschmacksfirma kann den kompletten Fleischgeschmack aus naturidentischen Aromen imitieren“, sagt Symrise-Abteilungsleiter Marek Münstermann, Spezialist für Produktentwicklung und Konsumentenwünsche bei Symrise. Und fügt hinzu „Es ist nicht unmöglich vegetarische oder natürliche Fleischaromen herzustellen, aber eine Herausforderung.“
Dem Fleischgeschmack aus Pflanzen auf der Spur sind auch Wissenschaftler der Henan Universität für Technologie in China und des königlichen Institutes für Technologie in Melbourne, Australien. Sie entwickelten ein Verfahren, mit dem aus dem Eiweiß des Brokkolis und anderer kohlverwandter Gemüse durch Spaltung mit Enzymen entsprechende Aromen gewonnen werden können. Fast wie in der echten Küche variiert der Geschmack mit der Temperatur: bei 100 -120 Grad gewonnene Aromen erinnerten an gekochtes Fleisch. Extrahierten die Forscher dagegen bei 140 Grad, so ergab sich die Nuance „gebratenes Fleisch“.
Selbst Tofuburger können also in Zukunft ganz authentisch nach niedrigtemperaturgegartem Rind schmecken. Natürlich rein vegetarisch. Um den puren Fleischgeschmack nicht zu stören, seien dann allerdings, laut Symrise, auch Bittermaskierer nötig, um den Nachgeschmack von Sojaprotein, Weizeneiweiß oder anderem Ausgangsmaterial zu überdecken. Alle Spuren der chemischen Prozeduren werden mithin sorgsam verwischt. Auf dem Etikett bleibt nur die Information „Aroma“ oder „natürliches Aroma“.
Und: Kein Tier muss leiden.
Aber: Wie bekommt das dem menschlichen Körper? Wie reagiert der, wenn er eine gute Portion hochwertiges Rindfleisch schmeckt, am Ende aber um die entsprechenden Nährstoffe betrogen wird? Die Aromen brauchen bislang kein Zulassungsverfahren und sind somit nicht auf ihre Unbedenklichkeit geprüft. Die europäischen Behörden haben erst jetzt damit begonnen. Einigen Aromen wurden bereits gesundheitliche Risiken nachgewiesen, wie etwa Lymphknotenerkrankungen und Erbgutschäden durch Raucharomen (siehe DR. WATSON NEWS vom 7. August 2009.). Bekannt ist, dass Aromen dick machen können: Selbst der Lobbyverband der Aromaindustrie gesteht ein, »dass Gesundheitsschäden, die auf dem Verzehr aromatisierter Lebensmittel beruhen, bislang nicht bekannt geworden sind, sieht man vom Übergewicht ab«.